Ein Wertpapier zu identifizieren ist gar nicht so einfach. Wie identifiziert man ein Wertpapier? Man nimmt einfach die WKN … oder doch nicht? Die WKN (Wertpapierkennnummer), vergeben vom WM Datenservice, sollte eigentlich schon seit vielen Jahren nicht mehr verwendet werden. Schließlich wurde sie durch die International Securities Identification Number (ISIN) abgelöst.

Die ISIN wurde eingeführt, um Finanzinstrumente weltweit eindeutig identifizieren zu können. Denn so wie in Deutschland für Wertpapiere eine WKN vergeben wird, kann es je nach Markt, Land oder handelnden Akteur auch eine SEDOL, CUSIP, Valorennummer, Bloomberg-ID, FIGI oder RIC geben – um nur eine Auswahl zu nennen. Diese Codes werden einem Wertpapier von verschiedenen Firmen zur Identifizierung zugeordnet. Das Pendant zur WKN ist in den USA beispielsweise die CUSIP und in Großbritannien die SEDOL. Die Trading Desks denken allerdings auch gerne in Bloomberg-IDs (jetzt auch FIGI, Financial Instrument Global Identifier) oder Reuters RICs; teils zusätzlich unterschieden nach dem Marktplatz, auf dem das Wertpapier gehandelt wird.

Um diesem Durcheinander ein Ende zu bereiten, hat die International Organisation for Standardisation (ISO) vor über 20 Jahren in Zusammenarbeit mit Experten die ISIN unter dem Standard ISO 6166 ins Leben gerufen. Einfachheitshalber haben die lokalen Nummernvergabestellen bei der Umsetzung in der Regel ihren bestehenden Code für nationale Papiere in diese eigebettet.

Während die ISIN jedoch als sogenannte „Dumb Number“ – also als Nummer ohne inhärente Aussage – gedacht ist, folgen viele lokale Nummernsystematiken hingegen einem festen Schema, das einen Mehrwert für den lokalen Markt bietet und die Nutzung daher kostenpflichtig ist. So verdienen sowohl die London Stock Exchange (SEDOL) als auch das CUSIP Service Bureau mehrere Millionen durch Lizenzen für die Nutzung ihrer Identifier und der zugehörigen Referenzdaten. Auch der WM Datenservice hatte für die WKN ursprünglich einen Nummernkreis für Anleihen und Aktien vorgesehen, dies aber mittlerweile aufgrund der großen Anzahl an Emissionen wieder verworfen.

Die technischen Beharrungskräfte sind gross.

Viele Finanzinstitute nutzen für ihre Prozesse und IT nach wie vor die ursprünglichen, nationalen Identifier. So wird jedem in Deutschland genutztem Wertpapier auch eine WKN zugewiesen; selbst wenn es sich beispielsweise um ein amerikanisches Wertpapier handelt, das bereits über eine ISIN und eine CUSIP verfügt. Auch wenn viele deutsche Institute schon auf die ISIN als führende Nummer umgestellt haben, ist für andere eine Datenverarbeitung ohne WKN nicht denkbar. Der technische Aufwand einer Umstellung wäre schlichtweg zu groß.

In anderen Ländern ist die Situation vergleichbar, sodass wir wohl noch lange Zeit mit verschiedenen Nummern pro Wertpapier leben müssen. Dadurch ist der Markteintritt für konkurrierende Datenanbieter teils sehr schwierig. Eine Datenbereitstellung in der Schweiz ist beispielsweise ohne die Valorennummer nicht denkbar. Denn diese Nummer ist lizenziert und vom Anwender gesetzt.

Darüber hinaus verfügt nicht jedes Finanzinstrument automatisch über eine ISIN. In den USA besitzt zum Beispiel nur ein Teil der emittierten Papiere eine ISIN. Insbesondere die auf den lokalen Markt ausgerichteten Schuldverschreibungen verfügen nur über eine CUSIP und sind im globalen ISIN Register nicht vorhanden. Auch bei Derivaten war das internationale Vorgehen bisher uneinheitlich – bis zur Einführung von MIFID II.

Ausweitung der ISIN-Abdeckung durch MIFID II.

Die Nutzung des ISO 6166 Standards für die ISIN wurde bisher in Bezug auf Derivate und OTC Instrumente in den jeweiligen Märkten unterschiedlich gehandhabt. In Spanien beispielsweise vergibt die Derivate Börse für jedes dort gehandelte Wertpapier eine ISIN. In Deutschland wurde das bisher nicht für erforderlich gehalten. Aus diesem Grund haben die Datenvendoren (wie Bloomberg, Reuters, SIX Financial Information) weltweit eigene Nummern vergeben.

Diesem Auseinanderdriften begegnet die Europäische Regulierungsbehörde ESMA nun mit MIFID II. Jedes Finanzinstrument unter MIFID II Regime muss genau eine ISIN erhalten. Handelt es sich um ein OTC Instrument wurde hierfür sogar eine neue Instanz geschaffen, das ANNA DSB (Derivatives Service Bureau).

Demzufolge werden Finanzinstitute sich auf einen neuen Prozess einstellen müssen. Wenn künftig eine ISIN benötigt wird, gibt es nicht nur eine Vergabestelle, wie bspw. den WM Datenservice für deutsche Emissionen, sondern ISINs können von einem regulierten Handelsplatz kommen. Dieser übernimmt die Beantragung beim DSB oder ist selbst für die Vergabe verantwortlich. Über die Zuständigkeiten wird in den internationalen Arbeitsgruppen noch rege diskutiert.

Es wird nicht zu erwarten sein, dass die Gesamtzahl der verfügbaren ISINs von einer zentralen Stelle bezogen werden kann. Hierzu ist die Anzahl der hinzukommenden Derivate einfach zu groß. Es ist mit vielen Milliarden Referenzdatensätzen zu rechnen. Der WM Datenservice liefert vergleichsweise heute Stamm- und Termindaten zu rund 2 Mio. Finanzinstrumenten.

Getrennte Referenzdatensysteme für Derivate und klassische Wertpapiere?

Für Finanzinstitute stellt sich nun die Frage nach einer Infrastruktur, die sowohl den Beantragungsprozess als auch die Speicherung der Daten unterstützt. Sollte dafür eine eigene Stammdatenhaltung aufgebaut werden? Da sich durch MIFID II das traditionelle Wertpapiergeschäft, der On-Exchange-Derivatehandel und OTC-Geschäfte immer mehr annähern, scheint dies nicht sinnvoll zu sein.

Finanzinstitute sind daher angehalten, bisherige Referenzdateninfrastrukturen, die sich teils seit Jahrzehnten im Einsatz befinden, deren Pflege immer mehr Kosten verursacht und deren Überalterung ein Risiko darstellt, zu überdenken. Das System Grand Central von INTALUS bietet die Flexibilität, auf diese neuen Herausforderungen zu reagieren. Mit Grand Central lässt sich eine einheitliche Datenhaltung auch für die neu hinzukommenden Finanzinstrumente so darstellen, dass bestehende interne Systemschnittstellen weiter bedient sowie komplexe Reporting-Anforderungen auch in der Zukunft sicher umgesetzt werden können. Der Anpassungsaufwand für das ein oder andere Altsystem würde hingegen höchst wahrscheinlich sehr viel höher ausfallen.

Identifikation von Handelsparteien – der Legal Entity Identifier

Im Zuge von MIFID II hält ein weiterer Identifier Einzug: Der Legal Entity Identifier (LEI). In den Regularien Dodd Frank Act und EMIR bereits gefordert, wird der LEI beim Reporting von Finanztransaktionen unter MIFID II ebenfalls erforderlich. Die flächendeckende Notwendigkeit von LEIs wird demnach fortschreiten. Für Finanzinstitute bedeutet das, sicherzustellen, dass von Ihnen betreute Handelsparteien (also Käufer und Verkäufer in MIFID II relevanten Geschäften) einen LEI haben. Daneben wird sich mittelfristig die Anforderung ergeben, die Aktualität dieser LEIs sicherzustellen (d. h. die jährliche Erneuerung), bevor ein Geschäft im Auftrag des Kunden ausgeführt wird.

Auch hier herrscht eine Vielfalt und ein mittelfristiges Nebeneinander von bestehenden Identifiern für Kunden und Kontrahenten. Neben hausinternen und proprietären Nummernvergabesystemen werden global beispielsweise auch die DUNS (von Dun & Bradstreet), SWIFT Codes, Emittentennummern (WM Datenservice) oder sogar noch der IBEI sowie der IGI (Issuer & Guarantor Identifier) von ISO eingesetzt.

Eine Zusammenführung dieser Identifier in einer zentralen Datenbank ist als erster Schritt von elementarer Bedeutung. Zumal zum Jahresende 2017 mit den sogenannten Level 2 Daten des LEI auch erste Eigentümerinformationen bereitgestellt und gefordert werden. Hier kommt ebenfalls ein erheblicher Mapping Aufwand auf Finanzinstitute zu.

Indentifier – einfach nur Nummern?

Alle diese Identifikationscodes haben primär zwei Ziele: Zum einen die vollautomatische, IT-gestützte Zuordnung von Objekten in der Finanzindustrie (Kunden, Geschäfte, Finanzinstrumente, Märkte, etc.) für eine bessere Abstimmbarkeit und Risikokontrolle. Zum anderen verschaffen sie den Regulatoren das, was im Zuge der Finanzmarktkrise am schmerzlichsten vermisst wurde und zwar mehr Transparenz.

Exakt aus diesem Grund werden die vorgenannten Codes wie ISIN und LEI nun vom Regulator expliziert gefordert, während sie früher beim Reporting eher nebensächlich waren. Sie sind also ein Muss für alle Parteien im Finanzsystem. Wie mit allen weiteren, parallel existierenden Identifiern und Codes umzugehen ist, muss jedes Haus selbst entscheiden. Hier hilft nur die Investition in bzw. der Einsatz von flexiblen Stammdatensystemen, die Matching-, Speicher- sowie Schnittstellen-Prozesse unterstützen. Die enorme Abstimmungsarbeit wird allerdings nur mit einem angemessenen Personaleinsatz und umfangreichem Know-how zu lösen sein.

Niemand würde behaupten, dass Identifier den Marktteilnehmern das Leben erst einmal leichter machen. Standards sind notwendig, doch ihre Umsetzung ist zunächst mit sehr hohem Aufwand verbunden. Aber hinter jeder Herausforderung steckt auch eine neue Chance, mit geeigneten Partnern und Lösungen die (Finanz-)Welt ein kleines Stück weit besser zu machen.

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